Glühen

Dem Oberbegriff Glühen werden alle Wärmebehandlungsverfahren zugeordnet, die das Ziel verfolgen, den Werkstoff besser umformbar oder spanbar zu machen, bzw. durch ein besseres Gefüge zäher zu machen.

Für alle Verfahren gilt der Ablauf:
Erwärmen - Halten (der Temperatur) - Abkühlen

Die Dauer der Erwärmung und des Haltens sind stark abhängig von den Bauteilabmessungen. Allgemein beträgt die durchschnittliche Haltezeit in der Regel zwischen 1-3 Stunden. (Bei großen Bauteilen jedoch erheblich länger).

Wärmebehandlungen zielen darauf, ab Gefügeveränderungen im Stahl hervorzurufen. Solche Gefügeumwandlungen finden nur in bestimmten Bereichen des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms statt. Das Verständnis des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms ist daher Grundlage der Wärmebehandlungsverfahren.


1. Spannungsarmglühen

Bei zahlreichen Vorgängen wie dem Gießen, Schweißen, Walzen oder Zerspanen kann es zu ungleichmäßiger Abkühlung der Werkstückgeometrie und somit zu inneren Spannungen im Bauteil kommen.
Durch Spannungsarmglühen in einem Temperaturbereich von 550°C-650°C können diese Eigenspannung reduziert werden. Die Eigenspannungen können dabei maximal bis auf knapp unterhalb der Warmdehngrenze Rp bei Glühtemperatur (also 550-600°C) vermindert werden.
Ziel des Spannungsarmglühens ist Werkstücke maßhaltiger bearbeiten zu können oder ihre Lebensdauer zu erhöhen.


2. Rekristallisationsglühen

Durch Kaltumformen (z.B. Biegen) verfestigen sich Werkstoffe. Das Rekristallisationsglühen dient dazu, diese Verfestigung wieder rückgängig zu machen. Dazu wird im Stahl bei Temperaturen zwischen 600°C und 700°C das Wachsen von neuen Körnern angeregt. Dies neuen Körner entstehen im verformten Gefüge durch Diffusion und Korngrenzenverschiebung. Nach dem Rekristallisationsglühen ist das Gefüge wieder weich und umformbar.


3. Weichglühen

Das Weichglühen dient - wie der Name schon sagt - dazu Stähle weicher und somit besser bearbeitbar zu machen. Der Stahl wird dazu entweder auf Temperaturen knapp unterhalbder Umwandlungslinie bei 723°C (untereutektoider Stahl)oder knapp oberhalb dieser Linie (übereutektoider Stahl) erwärmt.
Dadurch wird im Werkstoff der im Perlit enthaltene lamellare Zementit (hart) durch Diffusion in kugelförmigen Zementit (weicher) umgewandelt.
Positiver Effekt des Weichglühens ist darüber hinaus, dass solche Werkstoff besonders zum Härten geeignet sind, da sich der umgewandelte Zementit besser Austenitisieren lässt.


4. Normalglühen

Durch Normalglühen wird grobkristallines ungleichmäßiges Gefüge in feines gleichmäßiges Gefüge umgewandelt. Ziel ist es dadurch die Zähigkeit - insbensondere die Kaltzähigkeit - zu erhöhen. Dazu werden untereutekoide Stähle knapp über die G-S-Linie erwärmt, übereutektoide Stähle knapp über die S-K-Linie erwärmt und so austenitisiert. Durch langsames Abkühlen an der Luft wandelt sich das Austenit in ein feinkörniges Ferrit-Perlit-Gefüge um. Danach ist der Stal gut spanbar, aber immer noch härter als ein weichgeglühter Stahl.


5. Grobkornglühen

Das Grobkornglühen wird in Einzelfällen bei Stählen mit niedrigen Kohlenstoffgehalt angewandt, um ein "Schmieren" (Entstehen einer Aufbauschneide am Werkzeug) zu verhindern. Der Stahl wird dazu bei Temperaturen zwischen 950°C und 1100°C geglüht, um das Korn wachsen zu lassen. Nachdem Abkühlen entsteht dadurch grobkörniges Perlit, d.h. der Stahl versprödet.
Nach der spanenenden Bearbeitung muss das grobe Korn wieder Normalgeglüht werden.

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